Psychotherapeutische Ansätze
Auch bei einer antisozialen Persönlichkeitsstörung stehen psychotherapeutische Behandlungsansätze im Vordergrund. Das Ziel ist dabei vor allem, Eigenschaften des Patienten zu verändern, die zu Aggressivität, Gewalttätigkeit und kriminellen Handlungen führen können. Daher sind wichtige Ziele der Therapie, die zwischenmenschlichen und sozialen Kompetenzen zu verbessern und eine bessere Kontrolle über Impulse zu erreichen, die zu strafbaren Handlungen geführt haben. Außerdem soll das Einfühlungsvermögen der Betroffenen gefördert werden – insbesondere in die Auswirkungen ihrer Handlungen für ihre Opfer. Darüber hinaus lernen die Patienten Strategien, mit denen sie Rückfälle in alte Verhaltensmuster vermeiden können.
Günstig für den Erfolg einer Therapie scheint es zu sein, wenn die Betroffenen Ansätze von Schuldbewusstsein zeigen. Auch wenn sie an anderen psychischen Problemen wie Ängsten oder Depressionen leiden, sind sie häufig eher bereit, in der Therapie mitzuarbeiten und über Veränderungen nachzudenken.
Mögliche Probleme in der Psychotherapie und Lösungsansätze
Eine Besonderheit bei der Psychotherapie ist, dass die Betroffenen meist nicht freiwillig, sondern durch eine gerichtliche Anordnung oder auf Druck ihres Arbeitgebers in die Therapie kommen. Viele nehmen auch zwangsweise an Therapieangeboten in Gefängnissen teil. In vielen Therapiekonzepten wird außerdem vor allem eine Veränderung der Kriminalität und Gewalttätigkeit angestrebt, weniger eine Veränderung der typischen Persönlichkeitsmerkmale. Deshalb ist die Motivation der Patienten, in der Therapie mitzuarbeiten und ihr Verhalten zu verändern, oft nicht besonders hoch.
Einige Faktoren können aber die Erfolgsaussichten einer Therapie deutlich erhöhen. Dazu gehört, dass der Therapeut selbst an den Erfolg der Therapie glaubt und dies auch den Patienten vermittelt. Günstig ist es, wenn er eine engagierte Haltung einnimmt und einerseits auf die Sichtweise der Patienten eingeht, andererseits aber auch klare Grenzen setzt und die Autorität über die Therapie behält. Die Ziele der Therapie sollten überzeugend dargelegt werden und auf die persönlichen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sein. Dabei hat sich ein klar strukturiertes Vorgehen, bei dem die Inhalte und ihre Reihenfolge festgelegt sind, als günstig erwiesen.
Eine gezielte Betreuung und Nachsorge über den Zeitraum der Therapie hinaus – zum Beispiel durch den Therapeuten selbst oder einen Bewährungshelfer – kann dazu beitragen, dass der Therapieerfolg auch langfristig stabil bleibt.
Dagegen haben sich eine sehr autoritäre, strafende Haltung, die auf Abschreckung setzt, aber auch eine lockere therapeutische „Gemeinschaft“, bei der den Betroffenen vieles erlaubt ist, als wenig erfolgreich erwiesen.
Psychoanalytische und tiefenpsychologisch-fundierte Therapie
Psychoanalytische Ansätze gehen davon aus, dass sich der Therapeut unterstützend verhalten, aber auch viel Struktur vorgeben sollte. Die Patienten müssen über die Hintergründe ihrer Störung und über Möglichkeiten zur Veränderung aufgeklärt werden. Therapieansätze, die wenig strukturiert sind und in denen Deutungen eine Rolle spielen, werden als wenig zielführend angesehen.
Kognitive Verhaltenstherapie
Eine kognitive Verhaltenstherapie hat sich bei der Behandlung der antisozialen Persönlichkeitsstörung als erfolgreiche Therapieform erwiesen. Sie kann sowohl das kriminelle Verhalten verringern als auch Persönlichkeitsmerkmale günstig verändern.
Ein wichtiges Element der Therapie ist eine Verbesserung der sozialen Kompetenzen. Die Patienten sollen lernen, wie sie eigene Bedürfnisse verwirklichen, gleichzeitig aber auch auf die Bedürfnisse anderer Menschen Rücksicht nehmen können. Weiterhin können sie üben, die Wünsche, Absichten und Gefühle anderer Menschen besser wahrzunehmen, ihre Selbstkontrolle zu verbessern, positive zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen und mit Ärger besser umzugehen. Dazu werden zum Beispiel Rollenspiele, gedankliche Übungen und Verhaltensexperimente eingesetzt.
Ein weiterer wichtiger Schritt in der Therapie ist, dass die Patienten Mitgefühl für ihre Opfer entwickeln und so auch Verantwortung für ihre Taten übernehmen. Dies kann dadurch geschehen, dass sie sich die Folgen ihrer Straftaten für ihre Opfer vorstellen. Außerdem sollen sie oft zwei Briefe schreiben – einen, in dem sie sich bei ihrem Opfer entschuldigen, und einen, in dem sie aus der Sicht des Opfers schreiben, was er oder sie dem Täter sagen möchte.
Um Rückfällen vorzubeugen, werden Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen gesammelt, die zu einem Rückfall in alte Verhaltensmuster – insbesondere in kriminelles oder gewalttätiges Verhalten – führen könnten. Anschließend werden konkrete Schritte erarbeitet, mit denen gewalttätigen Handlungen möglichst frühzeitig vorgebeugt werden kann. Diese Strategien werden schriftlich festgehalten und dem Patienten, aber auch einer Vertrauensperson, etwa dem Therapeuten oder dem Bewährungshelfer, gegeben. So soll gewährleistet werden, dass alle Beteiligten einem Hineingleiten in erneute Gewalt frühzeitig entgegenwirken können.
Therapie mit Psychopharmaka
Die Einnahme von Psychopharmaka scheint nicht oder nur wenig dazu beizutragen, eine antisoziale Persönlichkeitsstörung wirksam und dauerhaft zu verändern.