Psychotherapeutische Ansätze
Im Vergleich zu anderen Persönlichkeitsstörungen kommen die Betroffenen häufig aus eigenem Antrieb in eine Therapie. Dabei suchen sie aber meist wegen anderer Probleme Hilfe, vor allem wegen Depressionen, psychosomatischen Beschwerden oder dissoziativen Symptomen (bei denen jemand sich selbst oder seine Umgebung als unwirklich erlebt).
Wichtige Ziele in der Therapie sind, dass die Patienten ein stabileres Selbstbild entwickeln, mehr Selbstkontrolle und Selbstsicherheit bekommen und stabilere zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen können. Außerdem sollen sie lernen, ihre emotionale Sprunghaftigkeit zu verringern, auch Alleinsein und Langeweile auszuhalten und sich über langfristige Ziele im Leben Gedanken zu machen.
Mögliche Probleme in der Psychotherapie und Lösungsansätze
Eine histrionische Persönlichkeitsstörung ist oft schwer zu behandeln, weil die Betroffenen ihr Verhalten oft nicht als problematisch ansehen und es auch nur schwer und langsam verändern können. Weitere Schwierigkeiten in der Therapie sind, dass die Patienten häufig überhöhte Ansprüche haben, ihre Probleme dramatisieren, zu unvermittelten Gefühlsausbrüchen neigen oder nur oberflächliche Veränderungen einleiten – zum Beispiel, um dem Therapeuten zu gefallen.
Wichtig ist deshalb, ihnen behutsam die psychischen Hintergründe ihrer vielfältigen Probleme bewusst zu machen. Wegen des manipulativen Verhaltens (zum Beispiel Dramatisierung der eigenen Probleme, um einen bestimmten Zweck zu erreichen) sollte der Therapeut klare Regeln aufstellen und Grenzen setzen. Auch ein strukturiertes Vorgehen, das den Patienten Orientierung gibt, wird als sinnvoll angesehen.
Problematisch ist auch, dass in der Therapie leicht ein Dilemma entstehen kann: Gibt der Therapeut viele Hilfestellungen oder nimmt dem Patienten Entscheidungen ab, fördert er indirekt das Bedürfnis nach ständiger Aufmerksamkeit und Unterstützung. Ist er dagegen mit Hilfestellungen zurückhaltend, kann dies zum Abbruch der Therapie führen.
Deshalb ist es wichtig, in der Therapie einen Mittelweg zu finden, bei dem sowohl das Bedürfnis nach Unterstützung und Bindung als auch das Bedürfnis nach Selbstkontrolle und Autonomie unterstützt wird.
Psychoanalytische und tiefenpsychologisch-fundierte Therapie
Es wird meist davon ausgegangen, dass eine längerfristige Therapie notwendig ist. Dabei sollte der Therapeut sich unterstützend und wertschätzend verhalten und dem Patienten ein Gefühl der Sicherheit geben. Auf diese Weise vermittelt er ihm ein positives Modell für zwischenmenschliche Beziehungen. Dies kann dazu beitragen, die Neigung zu übertrieben emotionalem Verhalten zu verringern.
Mit der Zeit sollte der Therapeut den Patienten behutsam über seine Erkrankung aufklären. Außerdem arbeitet darauf hin, das ständige Verlangen nach Aufmerksamkeit und danach, Bedürfnisse unmittelbar zu befriedigen, zu hinterfragen. Die Patienten sollen lernen, zwischen realen, erfüllbaren und sozial nicht erfüllbaren Bedürfnissen zu unterscheiden und ein stärker an die Realität angepasstes Verhalten entwickeln.
Kognitive Verhaltenstherapie
Auch in der kognitiven Verhaltenstherapie wird eine längerfristige Therapie als sinnvoll angesehen. In der Therapie sollen sich die Patienten allmählich ihrer Neigung bewusst werden, ihre Bedürfnisse nur durch andere zu befriedigen. Anschließend können sie lernen, diese selbst zu erfüllen und ihre Bedürfnisse gegenüber anderen auf ein erfüllbares Maß zurückzunehmen.
Ein wichtiger Aspekt in der Therapie sind Übungen zur Wahrnehmung von Gefühlen. Dabei lernen die Patienten allmählich, ihre „echten“ Gefühle von denen, die sie nur inszenieren, zu unterscheiden. Außerdem können ungünstige Überzeugungen herausgearbeitet, hinterfragt und allmählich verändert werden – zum Beispiel die Überzeugung, hilflos und stets auf andere angewiesen zu sein. Um Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen zu verändern, können konkrete Situationen in Rollenspielen geübt werden. Außerdem können die Patienten Problemlösestrategien einüben, die es ihnen ermöglichen, Probleme realistischer einzuschätzen und systematisch nach Lösungen zu suchen.
Um mehr Struktur im Leben der Patienten zu schaffen und ihre Selbständigkeit und Selbstkontrolle zu stärken, werden häufig Aufgaben zur Selbstbeobachtung und Hausaufgaben, in denen sie Aufgaben selbstständig übernehmen sollen, eingesetzt. Außerdem können die Betroffenen üben, etwas alleine zu unternehmen oder eine angefangene Aufgabe alleine zu Ende zu führen, um so ihre emotionale Sprunghaftigkeit zu reduzieren.
Damit die Veränderungen auch langfristig beibehalten werden, sollte die Therapie noch eine Zeitlang weitergeführt werden, wenn sich die Symptomatik deutlich verbessert hat und die Patienten mehr Selbstsicherheit erreicht haben. In dieser Phase der Therapie können sie dazu angeregt werden, über den Sinn und die wichtigsten Inhalte ihres Lebens und über zukünftige Ziele nachzudenken.
Gruppentherapie
In einer Gruppentherapie erhalten die Patienten Rückmeldungen von den anderen Gruppenmitgliedern. Dies kann dazu beitragen, dass sie ihre Probleme im Verhalten besser erkennen und sie so allmählich verändern können.
Therapie mit Psychopharmaka
Psychopharmaka werden in der Regel nicht als sinnvoll angesehen, um eine histrionische Persönlichkeitsstörung zu behandeln. Sie werden meist nur eingesetzt, wenn gleichzeitig eine andere psychische Störung vorliegt, etwa eine Depression oder eine Angststörung.